Jeannot Simmen

Bücher und Medien
Projekte Büro Simmen

CBE-SommerFest: Thé dansant mit Friedrich Liechtenstein „Tankstellen des Glücks“; Laudatio von Bazon Brock (Ehrengast), Ansprache Jeannot Simmen, „Garage du Pont“ in Potsdam, 16. Juli 2016

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CBE-Lunch im Kaisersaal: Andreas Rötzer, Verleger, Matthes & Seitz, Berlin: „Der Verlag als Labor. Über die Natur und das Büchermachen“, 6. Juli 2016

Matthes und Seitz – eine Geschichte von Niedergang, Rettung und Triumph. 1977 in München von Axel Matthes und Claus Seitz gegründet und mit Autoren wie Artaud, Bataille, Leiris und Baudrillard erfolgreich, dann etwas den Kontakt mit dem Zeitgeist verloren, wird er nach dem ökonomischen Niedergang von seinem ehemaligen (studentischen) Teilzeit-Buchhalter Andreas Rötzer als Verleger ab 2004 in Berlin verlegerisch neu ausgerichtet. 

Und wie! Mit ambitionierten, erst- und einmaligen Gesamtausgaben (Warlam Schalamow und Jean-Henri Fabre), der Reihe „Naturkunden“ und schließlich dem Deutschen Buchpreis für den Roman „Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969“ von Frank Witzel. 

Andreas Rötzer zeigt uns auf faszinierende Weise die verschlungenen Wege, die zu solch einem wunderbaren Verlagsprogramm führen.

Lutz Hillus

Aufnahmen: © Eleonora Frolov, © MSB

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CBE-Lunch im Kaisersaal: Wolfgang Ulrich, Autor: „Siegerkunst“, Neuer Künstlermythos, Wie ändert sich die Produktion von Kunst bei Studio-Fertigung, 15. Juni 2016

Ausgebuchte Veranstaltung – Wolfgang Ulrich löst ein, was der Titel verspricht: Wandlung des Künstlerbildes von Kants Künstler als maßstabsetzendes Genie, als autonomem Außenseiter, der sich bewusst vom Hofkünstler als Diener seines Herren absetzte. Heute entwickelt sich der Einzelgänger der Moderne zurück in die Rolle eines ‚Hofkünstlers’, dessen Werke vor allem den Auftraggeber und den Sammler preisen. 

Siegerkunst ist die neue Must-have-Marke der Erfolgreichen. Kunst als Mittel der Repräsentation, deren Wert sich über die Höhe des erzielten Preises am Kunstmarkt bestimmt. Kunst-Kritik wird in den Medien durch die sensationsheischende Berichterstattung über erzielte Preise abgelöst.  

Ulrich skizziert an Ai Weiwei, Olafur Eliasson und Jeff Koons die Produktionsweisen des neuen Künstlertyps: Die Werkstatt, die Endabnahme durch den Künstler und die wichtige “Postproduction”. Der eigentliche Ort dieser Künstler ist aber nicht die Werkstatt, hier produzieren anonyme Mitarbeiter. 

Der Künstler selbst ist mit PR-Arbeit und medialer Selbstdarstellung beschäftigt. Er ist eher in einer globalisierten Öffentlichkeit als in seinem Atelier anzutreffen. Er etabliert sich als globale Marke und betreibt gezielte Markenpflege. Wäre es nicht konsequent, wenn sich diese Marke so von der Person des Künstlers löst, dass sie ihn nach seinem Tod überdauert?

Rege Diskussion, viele Gäste stellten kritische Fragen nach dem spannenden Vortrag.

Lutz Hillus

Aufnahmen: Jeannot Simmen, Eleonora Frolov

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CBE-KulturTermin: Besuch der Ausstellung „Harry Graf Kessler. Flaneur durch die Moderne“, Rundgang mit Prof. Dr. Peter Klaus Schuster, Vorstand Stiftung Brandenburger Tor, 11. Juni 2016

Er war ein Europäer und zog dennoch begeistert in den Ersten Weltkrieg 1915-17. … war hochvermögend und am Kriegsende bettelarm … hochadelig und später der „rote Graf“ … starb nach der Flucht aus dem NS-Deutschland … entehrt in Lyon.

Harry Graf Kessler war ein begnadeter Gesellschaftsmensch … erlebte aber wie die Gesellschaft mit Kaiser und Untergebenen zerbrach … liebte den Jugendstil und van der Velde … war später von der Direktheit und Sozialkritik der Graphiken eines Georg Grosz begeistert.

PKS, Peter Klaus Schuster führt uns parlierend, erzählend durch das Panoptikum von HGK. Geleitet uns ins Private seiner von Van der Velde gestalteten Kunst-Wohnungen, ins Öffentliche seiner vielen Initiativen für die Kunst und vor allem für die Weckung vom Interesse am Neuen in der Bildenden Kunst; PKS kongenial zu HGK.

57 Jahre Tagebuch, 12’000 Namen: Er kannte Alle und Alles. Er initiierte vieles, gründete die Cranach Presse mit bibliophilen Editionen und leitete Kunstvereine. – Die Ausstellung zeigt auch Kunst, inszeniert aber phantasievoll das Leben von HGK. Zeigt mit visuell gelungenen Projektionen Tagebuch-Notate im jeweiligen Zeitkontext. Hochinteressant und besonders – eine Ausstellung, Idee und Konzept von Christoph Stölzl.

Jeannot Simmen

Aufnahmen: Eleonora Frolov

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CBE-KulturTermin: Peter Weibel: „Der Holocaust und das Problem der visuellen Repräsentation“, Vortrag im Jüdischen Museum, 30. Mai 2016

Am 26. April besuchten wir die Boris-Lurie-Ausstellung: Peter Weibel führte uns im Dialog mit dem Kurator durch die Ausstellung (siehe Nachbericht). – Jetzt spricht er im Auditorium vom Jüdischen Museum über die Grenzen der visuellen Darstellbarkeit, besonders bei Boris Lurie. Dieser will mit Realität die Menschen erschrecken. Beispielsweise zeigte Boris Lurie eine Knochen-Anhäufung aus einem KZ (mit einer Pinup-Collage) … als die Kunstrichtung Assemblagen neu war und die Kunstwelt interessierte.

Die grossen Zusammenhänge: Peter Weibel beginnt mit Kants „Kritik der Urteilskraft“, wo der Ekel als nicht kunstwürdig bestimmt .… geht zu Hegel, wo er das „Lager“ als absolute Entäusserung bestimmt, („Phänomenologie des Geistes“) … Findet mit Sigmund Freud, Jean Paul Sartre und Arthur C. Danto die Anti-Ethik von Boris Lurie erklärbar. Der Künstler Lurie zeigt mit seiner Kunst die Grenzen des Konventionellen … und überschreitet diese.

Jeannot Simmen

Aufnahmen: Jan Sobottka (1), Eleonora Frolov (2)

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