Jeannot Simmen

Bücher und Medien
Projekte Büro Simmen

Tobias Hoffmann: Lust auf Dekor & Geschmacksachen

CLUB BEL ETAGE, KulturTermin, Bröhan-Museum, 20. Oktober 2013
Neu aufgestellt. Dr. Tobias Hoffmann ist seit Februar Direktor im Landesmuseum für Jugendstil, Art Deco und Funktionalismus, dem Bröhan in Charlottenburg. Souverän und kundig leitete er uns durch die Jubiläumssaustellung „Lust auf Dekor / KPM Porzellane“. Die Ausstellung ist offen bis 26. Januar 2014.

Besonders bewunderten wir das frivole Hochzeitsgedeck aus 1905 für den preußischen Kronprinzen Wilhelm, entworfen von Adolf Amberg. Ein lustvolles Ensemble mit barbusigen Porzellanfiguren von moderner Anmutung und muskulösen Männern. Bei Hofe war man nicht amüsiert und lehnte 1904 den Entwurf ab – der 1908 für das weniger prüde Bürgertum produziert wurde.

Junges und aktuelles Design: Die Studierenden der Kunsthochschule in Weissensee und der Hochschule der Künste entwarfen Tisch-Utzensilien in Porzellan, eine sinnvolle Erweiterung der KPM-Jubiläumsausstellung. Thema „Internationale Esskulturen“ für Berlins multiethnische Metropole. Interessant alles schlicht und alles in Weiss. Durchaus eine Antithes zu KPM und „Lust auf Dekor“. Moderne kommt kühl und ohne Schnick-Schnack.

Tobias Hofmann will den Schwerpunkt vom Bröhan-Museum ausbauen und gleichzeitig aktuelles Design präsentieren. – Frau Bröhan lud uns charmanterweise danach zum Umtrunk mit Wasser und Wein ein. Danke. Danke.

Jeannot Simmen

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Friedrich von Borries: Die Berliner Weltverbesserungsmaschine (WVM)

CLUB BEL ETAGE, KulturTermin, Bode-Museum + Hamburger Bahnhof, 12. Oktober 2013
Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts gibt es in Berlin den geheimen, stets verfolgten Plan, die Individuen samt Gesellschaft und die Welt zu verbessern. 1696 wurde die „Mahl-, Bild- und Baukunst-Academie“ gegründet (die erste in deutschen Landen), um 1700 die Akademie der Wissenschaften und ab 1830 die Berliner Museen. Alles mit grossem finanziellen Aufwand, wirkungsmächtig bis heute.

Geplant wurde seit 1700 eine gigantische Weltverbesserungsmaschine – so Friedrich von Borries, der umtriebige Architekt und Prof. für Design und Ausstellungen in Hamburg. Mit einem Team rekonstruierte er die Initiative von Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg (der spätere preußische König Friedrich I). Viele Werke der Berliner WVM befinden sich in den Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin – wirken auch heute aufklärend und setzen eine emanzipative Kraft frei.


Bode-Museum, der grossartige Engel von einem Heiligen Grab, im Saal der Romanik

Wir besuchen im Bode-Museum und im Hamburger Bahnhof Stationen der WVM. Friedrich von Borries erläutert die emanzipative Kraft einzelner Werke und wie diese Teil der „Bedürfnispyramide nach Maslow“ sind. Vor dem Hamburger Bahnhof bewundern wir den Tetraeder, das Modell der WVM, mit den Ebenen von den „Grundbedürfnissen“ zu den „sozialen“ und „Ich-Bedürfnissen“ zur „Selbstverwirklichung“ als höchste Stufe.


Modell der WeltVerbesserungsMaschine vor dem Hamburger Bahnhof

Ein vergnüglicher und schalkhafter, ein ironischer und gewitzter Rundgang durch eine Ausstellung, bei der kein Werk transportiert werden musste, sondern nur markiert mit einer Tafel ist samt ausliegender „Schatzkarte“. Dieser thematische Querschnitt durch die Sammlungen erstreckt sich auf mehrere Museen. Tolle Idee, innovativ !
Jeannot Simmen

Mehr Infos finden Sie auf den folgenden Webseiten:
www.berliner-weltverbesserungsmaschine.de
www.tagesspiegel.de
www.zeit.de

Photos: Anna Simmen

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Prof. Stephan Braunfels, Architekt: „Visionen für Berlin“

Lunch, Kaisersaal, 13. September 2013
Stephan Braunfels sprach im Club Bel Etage über Städtebauliche Visionen für Berlin; er problematisiert vier neuralgische Berlin-Orte: Tempelhof (Flughafen-Gelände, -Bauten), die Rekonstruktion vom Schloss in Mitte, der Alexanderplatz (Hochhäuser) und das Kulturforum.

Braunfels ist ein mitreissender Redner, der mit grosser Leidenschaft seine Thesen erläutert. Die Teilnehmer erfahren bereits an diesem Freitag, da was Stefan Braunfels eine Woche später der Presse vorstellen wird: Sein Masterplan zum Kulturforum./Kemperplatz.

Das Kulturforum beschäftigt die Stadt seit vielen Jahren, etliche Vorschläge sind gemacht und verworfen worden. Auch Braunfels hat sich lange mit diesem Platz auseinander gesetzt. Mit Spannung hören wir seinen Plan : Das Gelände soll eine neue Strassenführung bekommen, wird um einen Kreisverkehr erweitert, ein rondellförmiger Platz mit einer Fontäne in der Mitte. Dem Gelände werden neue Bauten hinzugefügt. Der Haupteingang der Philharmonie soll auf den Potsdamer Platz verlegt werden. Zwischen Nationalgalerie und der Philharmonie soll ein Terrassenbau entstehen (ähnlich Scharouns Idee), der den geplanten Neubau hinter der Nationalgalerie ersetzen soll. Das Museum des 20. Jahrhunderts wird unterirdisch gebaut – gefährdet nicht den schönsten Museumsbau, den Jahrhunderbau „Neue Nationalgalerie“ von Mies van der Rohe.

Braunfels Plädoyer war fulminant und sparte nicht mit Seitenhieben auf Kollegen und auf die Städteplanung Berlins. Die Attacken waren für die Anwesenden ein Genuss. Die Teilnehmer an diesem Lunch lernten den Architekten kennen und sind vorab informiert, bevor es in den Zeitungen steht (FAZ 24.9.13: Planer, schaut auf diesen Platz! ... Berlins unfertiges Kulturforum erfordert mehr als kleinkarierte Tausch-Spiele. Ein Masterplan wie der von Stephan Braunfels muss her“).

Caroline Neuendorf

Aufnahmen: Jeannot Simmen

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Monika Grütters, MdB: „Kultur-Politik des Bundes in Berlin und für Berlin“ Lunch, Kaisersaal, 30. August 2013

Mitten im Wahlkampf gönnt sich Monika Grütters eine kleine Auszeit, sie kandidiert im Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf. Sie freut sich bei uns zu sein, um über die Kulturpolitik des Bundes zu reden, ein Thema, das Frau Grütters als vormalige Berlin-Abgeordnete von der Pieke auf kennt und seit vielen Jahren kundig und versiert vertritt.

Eingangs zitierte unsere charmante Referentin einige Passagen aus dem Roman „Tschick“ des gerade verstorbenen Autors Wolfgang Herrndorf. Die Handlung dieses Romans spielt in ihrem Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf. – Übergreifende Kultur-Themen sind die umstrittene ermässigte Mehrwertsteuer für Kunstwerke, die Kultur-Grundversorgung, die in Deutschland zum allergrössten Teil vom Staat finanziert wird (in den angelsächsichen Ländern andersherum). Wichtig wird langfristig: Europa als Kulturprojekt, darin liegt ein grosses Potential mit dem exklusiven Bonus von 500 Jahren Erfahrung.

Älter denn die nationale ist in Deutschland die kulturelle Identität. Diese ist im Grundgesetz als „frei“ definiert, offen für Experimente und die Avantgarde (GG5: Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten …). eingerechnet das (geschützte) Risiko des Scheiterns. Berlin ist heute Vorreiter und Katalysator der Meinungsbildungen in Deutschland, das verpflichtet.

Die Kultur ist zu einem wichtigen Anliegen in der Politik geworden und selbstverständlich. Wichtig waren in der letzten Legislatur-Periode: Der Schlossbau als historische Chance. Für die multi-ethnische Gesellschaft wird ein neuer Ort (das Humboldt-Forum) geschaffen. Die neue und erweiterte Präsentation der Museen in Berlin wird zum Jahrhundert-Projekt. In der Türkei wurde eine Kultur-Akademie gegründet – der Blick wird erweitert. Jeannot Simmen

Aufnahmen: Christian Zimmermann und Jeannot Simmen

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Club Bel Etage Berlin ― Kleines SommerFest 2013 Café Bar Aedes, Pfefferberg, 24.8.2013

NEUN JAHRE Club Bel Etage: 2013 eine nur kleine Feier im Anschluss an den Besuch der Tchoban Foundation. Dokumentiert ist hier die Rede von Jeannot Simmen, deren Anfang bei der Begrüssung von Sergei Tchoban Foundation gehalten wurde. Gefeiert wurde in der Café-Bar Aedes bei Wein, Wasser und italienischen Petitessen.

Jeannot Simmen: Berlin als Campus neuer Lebensformen.

Wir freuen uns – Caroline Neuendorf und der Vorstand, Stefan Hain, Ingo Hueck, Brigit Blass, Peter Gründling und Uwe P. Tietz – freuen uns, Sie hier im Pfefferberg, Ortsteil Prenzlauer Berg, Bezirk Pankow … zu begrüssen. Hier auf dem früheren Brauereigelände Pfefferberg, heute ein Industrie-Denkmal mit kultureller Nutzung, mit 15 Künstler-Atelier, darunter der berühmte Olafur Elliasson), der ArchitekturGalerie Aedes … (Begrüssung von Herrn Tchoban, Gründer und Initiator vom Architektur-Museum – siehe Bericht unten).

Der Club Bel Etage ist nunmehr neun Jahre jung. Wir feiern erstmalig im Osten der Stadt Berlin. Einige von Ihnen entdecken womöglich zum ersten Mal diesen Ort … 24 Jahre nach dem Mauerfall. Das ist Berlin, wunderbar und voller Überraschungen, samt Vielfalt und Besonderheiten. – Ein paar Worte zum Club: Aktuell führen wir im Vorstand eine Strategie-Debatte: Was ist die „Mission“ vom Club Bel Etage? Was können wir besser für Sie, für unsere Mitglieder optimieren oder neu finden, besser erfinden. Wie unsere Kommunikation optimieren?

Themen/Schwerpunkte vom Club Bel Etage

Wir sind mit unseren Themen in letzter Zeit wieder näher an Berlin dran … in Berlin wächst was mit Zukunfts-Potential, diese Initiative eines eigenen Museums von Sergei Tchoban ist ein grossartiges Beispiel. // Berlin wird oder ist mehr als eine Kultur-Metropole, mehr als die Stadt der Kreativen. Berlin ist ein, ist das Experiment Campus neuer Lebensformen in der Vielfalt einer wilden Ungleichzeitigkeit … Kennen Sie eine Stadt, die ein Schloss historistisch auf die vergangenen Hohenzollern rekonstruiert? Die das unternimmt für die Präsentation von Sammlungen von aussereuopäischen Exponate. Die gleichzeitig den modernsten Airport stemmt und ein Museum für Kunst des 20. Jahrhunderts errichten will. Da kommt geballt Vielfältiges zusammen!

Unruhe und die Lust am Neuen

Berlin bleibt ein Ort voller Brachflächen und genarbter Kriegswunden, wo grüngefärbte Anwohner sich gegen jedwede Randbebauung beim früheren Tempelhofer Flughafen wehren. Da fragt man sich, ob die hauseigenen Interessen, der Eigennutz den Blick zukleistert und Zukunft verstellt. Wichtiger aber, verloren ist der Blick aufs Ganze und Grosse. Und Berlin ist gross, geplant für 5-6 Mio Einwohner … nach wie vor eine Città apperta, eine offene Stadt – keine Kleingarten-Kolonie, weder gemütlich noch betulich wie ein Schrebergarten. Vielmehr Berlin ist ein Ort der Unruhe und der Lust am Neuen. – Ja, das muss unser Programm, muss der Club Bel Etage kristallisieren: das Interesse und die Lust am Neuen.

Fast auf den Tag genau Ende August, vor einem Jahr sprach bei unserem Lunch im Kaisersaal Eduard Beaucamp zum Museumsstreit, zur gross angekündeten Sammlungs-Rochade, die seit vergangenen Mittwoch als Altpapier in die Tonne gestopft wurde. Wir waren die ersten die das in einer, in unserer Lunchrunde diskutierten.

Auch die Referenten im 1. Halbjahr 2013 waren interessant und aktuell (ein Dankeschön an Caroline Neuendorf), wir haben drei, respektive fünf Referentinnen und zwei Männer: Zuletzt die Film-Produzentin Regina Ziegler, davor Sarah Wiener (Köchin und Autorin) und die Pädagogin/ Schulleiterin Margret Rasfeld mit Alma und Paulina (Schülerinnen), Thomas Girst (BMW-Kultur) und Bazon Brock (Denkerei). Das ist eine erstklassige Quote!

Drei Wünsche an den Club und an die Mitglieder

Erstens: Das Zusammenwachsen eines kritischen Kreises an persönlich Bekannten auf der Realebene. Der Ausbau eines emphatischen Netzwerkes an Interessierten und Interessanten im Virtuellen.

Zweitens: Eine intensive Kommunikation im Club, unter den Mitgliedern – zusätzliche Treffen auf unterschiedlichen Ebenen und zu unterschiedlichen Themen sind geplant.

Drittens: Viele, viele neue Mitglieder, damit wir ein erweitertes Programm organisieren können. Die Realisationen von besonderen Veranstaltungen, die über aktuelle Entwicklungen informieren bevor Sie darüber in der Presse lesen. Lunchvorträge, wo Sie die Macher und die wichtigen Entscheidungsträger kennen lernen.

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Ich habe zu danken: Caroline Neuendorf für die Kooperation dem Vorstand für Ideen und Diskussionen, Herrn Tchoban für die heutige Präsentation und Gerwin Zohlen für die Architektur-Einführung … und Ihnen vor allem für Ihr Interesse, Ihre Mitgliedschaft – Schön, dass Sie gekommen sind.

Danke, Danke ! Jeannot Simmen

Aufnahmen: Jim Rakete (s/w), Jeannot Simmen (2x)

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