Jeannot Simmen

Bücher und Medien
Projekte Büro Simmen

Tereza de Arruda (Kuratorin): „Sigmar Polke. Die Editionen“, Ausstellungs-Rundgang CBE-KulturTermin, „me collection“, Stiftung Olbricht, 18. Mai 2017

Vielfalt mit experimentellem Fokus: Sigmar Polke ist stets Erfinder, selbst bei Auflagewerken werden einzelne Blätter ‚von Hand‘ erweitert. Seine bildnerischen Erfindungen samt spielerischen Variationen veranschaulichen neue Formen. Sigmar Polke arbeitet wie ein Alchemist: Verwandlung der Stoffe und Materialien, der Farben und Formen. Ausgestellt sind in der „me collection“ der Sammlung Olbricht sämtliche Editionen, die durchaus als ein Hauptwerk gelten können.

Mit dem „Kapitalistischen Realismus“ (René Block) antworteten damals die jüngeren Künstler auf die im Rheinland vorherrschende Abstrakte Kunst. – Zentral waren Gerhard Richter und Sigmar Polke, die auch gemeinsame Editionen schufen. Polkes Editionen sind in seinem Schaffen keine beiläufige Auflagen für Sammler zu günstigen Preisen! – Ein beschwingter Rundgang mit Frau Arruda, Kennerin der Materie und Kuratorin der Ausstellung bei der Stiftung Olbricht.
Jeannot Simmen / Aufnahmen: Frauke Bergemann

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Ausstellung: Pierre Klossowski, „Roberte, Ce Soir“, Skulpturen und Zeichnungen CBE KulturTermin, Schinkel-Pavillon, 13. Mai 2017

Die libertären „Gesetze der Gastfreundschaft“ von Pierre Klossowski (1905-2001, der Bruder von Balthus) waren um 1970 eine Überraschung. Uns irritierte diese Lektüre, wo der Ehemann seinen Freunden und Gästen seine Frau anbietet für erotische Vergnügen. In dem übersetzten Buch fand sich damals ein ‚Beipackzettel‘, wo man unterschreiben musste, das Buch nicht Jugendlichen zugänglich zu machen.

Die Geschichte eines Gelehrten (Spezialgebiet: Katechismus), der liiert ist mit einer links-engagierten Frau, die er liebt und verehrt. Aus den Geschichten dieses offen-freizügigen Buches schuf Klossowski später Zeichnungen und Skulpturen: Begehren und das Reich des Verbotenen und Heiligen.

Diese waren meist nur in Abbildungen bekannt. Jetzt stellt der Schinkel-Pavillon die Werke aus. Viele Interessierte, mitten in dieser frivolen Vielfalt. Sehen, staunen, erklären! Die Zeichnungen sind überraschend grossformatig, doch zart mit Farbstiften gezeichnet: Erotische Anspielungen, gemaltes Begehren. Die Figuren dagegen ernüchtern durch banale Realität, gebosselt, regen wenig Vorstellungen an.

Der Roman erschien in Paris erstmals 1952, die ersten Zeichnungen 1955. Andere, rigide Lebensumstände: Erotik kannte den Ruch gefallener Heiliger (Bataille, Lacan). Damals Katholizismus samt Konservativen und Sünde galt als Sünde – nicht als Versuchung!

Jeannot Simmen / Aufnahmen: Schinkel Pavillon

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Atelier-Rundgang Weissensee: Andreas Golder, Christian Achenbach, David Nicholson, Galerie Jan-Philip Sexauer: Ausstellung Alexander Askin CBE-KulturTermin, Atelier-Gemeinschaft Lehderstrasse, 30. April 2017

Berlin brummt! Wir treffen uns zum Finale vom „Gallery Weekend auf einem ehemaligen Industrie-Gelände, wo heute Kunst gemacht und präsentiert wird. Am schönsten, warmen Tag seit Wochen, grosses Interesse, eine Runde von gut vierzig Gästen.

In drei Gruppen besuchen wir die Ateliers, meist in grossen Werkhallen: Andrej Golder mit seinen Monochromien voller Impulse aus der Gegenstandslosen Moderne. – Christian Achenbach zeigt spielerische Moderne mit Equlibristik und Mobilität, heitere Werke. – Alexander Askin zeigt in der Galerie ironische Rekonstruktionen der iPad-Moderne. Ein gelungener Tag, sonniger Abschluss vom prallvollen „Gallery Weekend“.

Jeannot Simmen / Aufnahmen: Frauke Bergemann

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Dr. Lisa Zeitz (Chefredakteurin „Weltkunst“): „Von der ‚Kunstauktion‘ zur modernen ‚Weltkunst‘. Zwischen Akademie und Instagram" Club Bel Etage Lunch: Kaisersaal, 26. April 2017

Präsentiert wird das neue Heft der Zeitschrift „Weltkunst“ mit dem Schwerpunkt „Berlin“ zum beginnenden „Gallery Weekend“. – Lisa Zeitz hat die Zeitschrift neu erfunden: modernisiert und die Redaktion nach Berlin verlegt. Die Weltkunst ist heute ein modernes Magazin.

Grosses Interesse, viele Gäste, kurz vor dem grossen Reigen „Gallery Weekend“, eine vielfältige Information über die kommenden Ausstellungen und Kunstevents.

Jeannot Simmen

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Florian Illies (Villa Grisebach): Ausstellung „Agitation“, Streifenbilder von Günter Fruhtrunk, Bilder aus dem Nachlass CBE-KulturTermin, Auktionshaus Grisebach, 31. März 2017

Ein Maler von physischer Farb-Präsenz: Farbstreifen orchestriert zum Bilder-Überfall. Auch heute wirkmächtig, die Bilder entstanden vor etwa 40 Jahren! Ein Angriff, „der unser Sehen herausfordert“, so Florian Illies, „der uns das Sehen lehrt“.

Coole Kunst von Farbe und Form, scheinbar neutral gehalten, nicht subjektiv, nicht das Künstler-Ego herausstellend, kein expressives Credo. – In der Diskussion entwickelt Bazon Brock vom Ornament her eine Theorie: Kunst ist die europäische Erfindung vor gut 500 Jahren, seit der Renaissance und den subjektiv werdenden Künstlern. Das Ornament war damals schon tausend Jahre alt. Günter Fruhtrunk erfindet eine Malerei, die ans Ornament reicht; damit definiert er anders das Ornament und schafft eine Kunst jenseits von nur monochromen Farbstreifen.

Jeannot Simmen / Aufnahmen / Jan Sobottka

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